Was bitte ist ein Kondom?

Bericht vom Desert Flower Sexualkunde Workshop in Berlin

Tag für Tag kämpfen wir als Desert Flower Team weltweit  gegen das grausame Ritual der weiblichen Genitalverstümmelung und versuchen dieses schreckliche Verbrechen gegen Mädchen und Frauen zu stoppen.
 
250 Millionen von Frauen sind weltweit von dieser menschenverachtenden Praxis betroffen!
 
Mit unseren vier Desert Flower Centern in Berlin, Paris, Stockholm und Amsterdam helfen wir betroffenen Frauen ihr Trauma zu überwinden.   
Es sind Frauen, die wir nicht vor FGM retten konnten. 
 
Ihr Schicksal und ihr Leid sind unglaublich groß, doch im Desert Flower Center bieten Dr. Cornelia Strunz und ihr Team nicht nur eine ganzheitliche medizinische Betreuung, sondern auch psychologische Unterstützung.
 
 
 
Einmal im Monat treffen sich betroffene Frauen im Desert Flower Center Berlin um sich in der Selbsthilfegruppe auszutauschen.
 
Im April 2018 hatte ich die Gelegenheit als DFF Projektkoordinatorin bei der Selbsthilfegruppe im Desert Flower Center Berlin teilzunehmen.
 
Dieses Mal organisierte Dr. Cornelia Strunz einen Workshop zum Thema Verhütung.
 
Ein sehr wichtiges Thema, wie sich am Ende des Tages für mich herausstellte.
 
Das Treffen beginnt mit einer „Kennenlern-Runde“. Ohne Ärztekittel und sehr persönlich wird eine Atmosphäre geschaffen, in der sich unsere Teilnehmerinnen wohl und gestärkt fühlen. 
(Eine somalische Übersetzerin ist immer Teil des Teams um alle Sprachbarrieren zu überwinden!)
 
Der Vortrag beginnt: mit einem Beamer projezierte die eingeladene Gynäkologin riesengroße Abbildungen von Verhütungsmittel aller Art auf die Wand.  
 
Gelächter und Gekicher macht sich unter den erwachsenen Frauen breit. Viele von ihnen sind bereits Mütter, wurden jedoch noch nie darüber aufgeklärt, wie man verhütet oder gar wie ihr eigener Körper funktioniert.
Bei der Frage : „Was ist ein Kondom?“ , heben zwei Frauen vorsichtig ihre Hand.
 
Für eine Frau, die das Glück hatte in einem aufgeklärten Haushalt aufzuwachsen, ist diese Situation kaum vorzustellen, doch für viele der betroffenen Frauen ist dies die Realität.
 
Nachdem die Ärztin ein paar ihrer Folien vorstellt, lockert sich die Stimmung, die Frauen werden neugierig und beginnen Fragen zu stellen. Die Erleichterung ist ihnen ins Gesicht geschrieben, dass sie nun endlich all die Fragen stellen konnten die ihnen bereits seit langer Zeit auf dem Herzen liegen - es jedoch immer verboten war darüber zu sprechen!
 
Ich erschrecke, als eine der Frauen erklärt, dass die Frauen in ihrer Gesellschaft nur für  das Kinderkriegen verantwortlich sind, wer verhütet wird als untreu abgestempelt. Eine Frau, die keine Kinder bekommt sei keine richtige Frau.
 
Ich verstumme, von klein auf lernen wir, dass unser Körper uns gehört. Zur gleichen Zeit leben Frauen in dem Glauben, sie wären einzig und alleine für das Kinderkriegen gut und dürften nicht Nein sagen - Und das  nicht irgendwo am anderen Ende der Welt, nein es geschieht inmitten unserer Gesellschaft!
 
Eine Geschichte erschüttert mich ganz besonders: Eine Frau erzählt von ihrem Glück nicht beschnitten zu sein und trotzdem ein Mann für sie gefunden wurde. Doch als sie nach dem dritten Kind noch keinen einzigen Jungen zur Welt brachte, zwang sie ihr Mann zu einer genitalen Verstümmelung - nur so wäre sie in der Lage einen Jungen zu bekommen! „Als viertes Kind gebar ich wieder ein Mädchen. Mein Mann hat mich für eine jüngere Frau verlassen. Er ließ mich zurück wie ein wertloses Stück Fleisch. Nun versuche ich mich irgendwie mit meinen vier wundervollen Töchtern hier durchzuschlagen!" 
 
Ich bin so wütend! Wie kann man diesen wunderbaren Frauen nur so etwas Schlimmes antun und ihnen all das Wissen über ihren eigenen Körper und ihre eigenen Rechte als Mensch und als Frau vorenthalten?!
 
Es entstehen lebhafte Diskussionen. Die Stimmung lockert sich immer mehr und die Frauen bauen sich gegenseitig auf. Ja, sie bringen sich sogar zum Lachen!  
 
Nach dem Besuch der Selbsthilfegruppe bin ich tief berührt über die Geschichten und das Schicksal der betroffenen Frauen - aber auch von ihrer inneren Stärke und dem starken Willen nie aufzugeben!  Ich bewundere sie  für ihre Lebensfreude, ihre Offenheit, ihr Selbstbewusstsein und ihren Mut. Ihren Mut ihre Weiblichkeit und die medizinische Hilfe, die ihnen so lange enthalten wurde, nun endlich einzufordern. Sie sind wahrscheinlich die mutigsten Frauen die ich jemals kennenlernen durfte.
 
Es war wunderschön zu sehen, dass den Frauen im Desert Flower Center mit medizinischen Eingriffen geholfen werden kann und dass so viele Mädchen und Frauen dieses Angebot annehmen. Es freut mich unglaublich mit so einem liebevollen, engagierten und internationalen Team zusammen zu arbeiten!
 
Wenn auch Du auf der Suche nach Hilfe bist oder jemanden kennst der dringend Hilfe benötigt, dann kannst du uns jeder Zeit besuchen. 
 
 
Wir sind für Dich da! 

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